Pág. 164
Die Teufelsbrut
Die Beteiligung der Deutschen an den Ereignissen der Farroupilha-Revolution
geschah, wie wir bereits gesehen haben, auf beiden Seiten der sich bekämpfenden
Truppen. Dasselbe würde sich etwa 60 Jahre später, während der Föderalistischen
Revolution wiederholen.
Und stets erlitten die deutschen Kolonisten dabei die
grössten Gemeinheiten gegen sich und ihre Angehörigen. Nur ein Drittel der
Deutschen, die an der Revolution teilnahmen, teilte die Farroupilha-Ideale,und
auch diese oft ohne echte Überzeugung. Geplündert aber wurden sie von beiden
Seiten der Kämpfenden, besonders aber von den Farroupilhas, den Farrappen
(Lumpen) oder Revolutionären. In ihren Reihen kämpfte einer der fiesesten Menschen,
der aus jener Zeit bekannt ist, der die Kriegssituation ausnutzte und in der
Gegend von der Baumschneis (Dois Irmãos) und von der Berghanerschneis (Ivoti)
ebenso grossen Schaden anrichtete, wie es später hier in Santa Maria do Mundo
Novo die Maragatos (wie die Kaisertreuen beschimpft wurden) in der Zeit von
1893 bis 1895 (während der Föderalistischen Revolution) getan haben, als die
blutrünstigen Maneco und Leoncio Leão, wie auch Antonio Corrêa, (Pág. 166) ähnliche Verbrechen
begingen und ebenso endeten wie der, den wir jetzt beschreiben wollen.
Antônio Joaquim da Silva (der Hauptmann Teufelsbrut) war
von geringer Körpergrösse, ganz im Gegensatz zu den Boshaftigkeiten, die er
beging. Er besass ein grosses Boot, von dem aus er im September 1836 die kleine
Stadt Rio Pardo plünderte und den ehrbaren Familien das Leben zur Hölle machte,
wobei er die schrecklichsten Verbrechen beging, die die deutschen Einwanderer
bis dahin je erlitten oder davon gehört hatten. Bald darauf aber wurde er 1836 in
Fanfa verjagt. Aber im Jahr 1837 tauchte er wieder in der Gegend von Feitoria,
der heutigen Kreisstadt São Leopoldo, auf und lechzte nach dem Blut unserer
armen Vorfahren. Er beging Raubüberfälle, schmähte Familien, plünderte
Wohnungen, stahl Pferde und sogar Haushaltsgegenstände und auch Wäsche und
hatte es besonders auf die wollenen Ponchos abgesehen, obwohl die Kolonisten
sie gut zu verstecken suchten, denn oft waren sie der einzige Schutz gegen die
Kälte. In den kalten Winternächten von Rio Grande do Sul deckte sich die
gesamte Familie damit zu. Auch nahmen sie alles mit, was aus Leder war, die
Sättel und das Zaumzeug, und sogar die Sandalen und Schlappen.
Alles, was er konnte, liess er in Brand setzen und nannte
sich selbst Capitão Menino Diabo(Hauptmann Teufelsbrut). Sein Lager, das kein
festes Quartier hatte, hatte er Hauptkaserne der Teufelslegion getauft. Eines
Tages sandte der gefürchtete Menino Diabo seine Männer von der Baumschneis
(Dois Irmãos) nach Berghanerschneis (Ivoti). In der Truppe befand sich ein
Adoptivsohn eines Farroupilha-Kolonisten, namens Laval, der, als er einen
anderen Kolonisten sah, von dem er wusste, dass dieser zu den Kaisertreuen
gehörte, diesen umbringen wollte. Die Kugel aber verfehlte ihr Ziel und Heinrich
Morschel, der kaisertreue Kolonist, gab mit derselben Münze zurück und töt ete
Lavals Jungen mit einem gezielten Schuss. Anschliessend begrub er ihn dort im
Wald, ohne dass jemand davon etwas merkte.
Kaiserbrücke - Im Jahr
1855 wurde mit ihrem Bau, aus Stein, in Romanischem Stil, angefangen. Sie ist
88 m lang, 14 m hoch und 14,29 m breit. Ein hervorragender Bau für die
damalige Zeit. Sie wurde so genannt, in Ehrung zu Dom Pedro II.Wirtschaftlich
spielte sie eine wichtige Rolle, denn sie war die Verbindung zwischen der
Kolonie und der Provinzhauptstadt. Durch ihren grossen geschichtlichen und
kulturellen Wert, ist sie vom SPHAN (Behörde für Denkmalschutz) , am 13.
Juni 1988 unter Denkmalschutz gestellt. |
Wasserfall São Miguel in Dois Irmãos |
Einige Tage darauf hatten sich die Farrapos, die der
Hauptmann Teufelsbrut befehligte, am Ufer des Feitoria-Bachs, an der Stelle,
die bis heute noch Teufelsloch heisst und damals noch keine Brücke hatte,
gelagert, als die Kaisertreuen, die auch als Caramurus beschimpft wurden, ebenfalls
dort eintrafen. Es sah so aus, als könnten beide Truppen problemlos die Furt durchqueren,
denn Menino Diabo hatte den Kaisertreuen vorgeschlagen, sie sollten den Fluss durchqueren,
womit sie in ihrer Unschuld einverstanden waren. Aber anders als sie, die in
geringerer Zahl waren, es sich vorgestellt hatten, wurden sie von den
Farrappen grausam angegriffen, während sie versuchten, das andere Ufer zu
erreichen.. Nach kurzem Kampf forderten die Farrap-pen die Auslieferung des
Morschel, der zugab, den Adoptivsohn von Laval umgebracht (Pág. 168) zu haben. Nach der Auslieferung wurde
Morschel nackt mit nassen Lederstriemen an ein Gestänge gebunden. Die Striemen
trockneten und zogen sich dabei immer mehr zusammen, wobei die Muskeln und
Glieder seines Körpers immer mehr gespannt wurden. Zwei Tage lang musste
Morschel diese Qual in praller Sonne erdulden. Zur den körperlichen Qualen kam
noch die Schande hinzu, der er ausgesetzt war, ausser den Attacken von Insekten
jeglicher Art, bis er schliesslich mit einer Kugel in die Stirn hingerichtet
wurde. Vor dieser letzten Kugel hatte es mehrere Fehlschläge bei den
Hinrichtungsversuchen gegeben, was bei den Farrappen das Gerede aufkommen liess,
Morschel habe einen unsichtbaren Schutzpanzer, weshalb sie ihm ein Amulett
abrissen, das er am Hals trug. Danach trafen sie ihn endlich, natürlich aus
kleinerer Entfernung, als sie es vorher versucht hatten.
Nach Heinrich Morschels Tod nahmen die Gesellen von
Hauptmann Menino Diabo Josef Hansen gefangen. Sie schleiften seinen Körper
durch den Wald und begingen weitere Grausamkeiten mit ihm, bis sie ihm
schliesslich an dem Ort, der Picada 48 Alta heisst, etwa 300 Meter unterhalb
des Wasserfalls São Miguel in Dois Irmãos auf dem rechten Ufer des
Feitoria-Bachs die Kehle durchschnitten und ihn dort begruben. Ein besonderer
Fall war Friedrich Renner, der die meiste Zeit weit weg von zu Hause war, nur
um nicht endeckt zu werden. Das Lager der Farrappen war im Teufelsloch, ganz
nahe der Stelle, an der Renner sich versteckt hatte. Seine Frau brachte ihm
einen Poncho und Lebensmittel, ohne allerdings zu merken, dass ihr die Leute
von Menino Diabo gefolgt waren. Diese nahmen Renner gefangen und schleppten ihn
an ein Pferd gefesselt an die Stelle, die bereits anlässlich des Todes von Josef
Hansen beschrieben wurde. Dort wurde er einem ehemaligen Sträfling aus dem
Gefängnis von Mecklenburg, namens Bolmann, überlassen, der ihn auf gemeine
Weise umbrachte. Er schnitt ihm nicht gleich die Kehle durch, sondern stach ihn
immer wieder mit einem langen Fleischermesser. Die mündliche Überlieferung
weiss zu erzählen, dass die Blutflecken sich vom Messer nie mehr trotz vieler
Versuche haben abwischen lassen. Natürlich waren nicht alle Farrappen von der
mörderischen Art der Bande des Hauptmann Teufelsbrut, denn mündlich wird
überliefert, dass der General Bento Gonçalves ein ehrbarer und korrekter Mensch
gewesen sei und ausserdem ein kompetenter militärischer Stratege. Ein ähnlicher
Fall ereignete sich mit dem Musterreiter Adam Knierin, der in Berghanerschneis (Ivoti
) wohnte. Er war ein allerseits geachteter Mann und wurde gefangen genommen
unter der Anschuldigung, die Kaisertreuen unterstützt zu haben. Er wurde
daraufhin am 26.06. oder am 10.07.1836 umgebracht, obwohl seine Frau Catharina
Müller das Lösegeld gezahlt hatte. Sie wurde zusätzlich gezwungen, dem Mörder
eine Schüssel mit reinem Wasser hinzustellen, damit dieser sich die
blutbesudelten Hände waschen konnte. Der Mörder, er hiess Schreiner, war einer
der letzten Kirchenplünderer aus Mecklenburg, die hier in der Kolonie der
Provinz ihr Unwesen weiterhin getrieben hatten und besonders die
Wertgegenstände aus den Raubüberfällen ein-schmolzen. Schreiner war Bauer in
Estância Velha und Anführer einer Bande, die einen Schmelzofen besassen, dessen
Überreste noch Ende des 19. Jahrhunderts auf seinem damaligen Eigentum zu sehen
waren. Nach Knierings Ermordung wurde auch Schreiner verfolgt und in Cruz Alta
umgebracht.
Aufgrund solcher Vorkommnisse beschlossen die Kolonisten,
sich zu wehren und ihre Ehre zu verteidigen, sowie für die Sicherheit ihrer
Familien und ihres Eigentums zu sorgen, Dafür wurde ein tapferer Mann mit
militärischer Erfahrung gesucht. Sie wählten schliesslich den Kolonisten Johann
Mombach, einen geschickten Strategen und tapferen Soldaten aus den
napoleonischen Kriegen, der in der Walachei-Schneiss in der Baumschneis wohnte.
Es dauerte nicht lange, da hatten sie Erfolg und entdeckten den Schlupfwinkel
des grausamen Menino Diabo und seiner Bande in einem Schuppen in der Nähe von
Alt-Hamburg, der Rincão der Familie Krehs genannt wurde oder einfach nur Krehser
Loch. Nachdem sie ihn aufgestöbert hatten, liessen sie nicht mehr locker. Den
Kolonisten schlossen sich einige kaisertreuen Soldaten an und ab dann wandelte
sich in der Gegend das Bild der Revolution, denn die Bande des Menino Diabo
wurde ausgelöscht und ihr Anführer wurde, nachdem er von Momberg ins Bein
geschossen worden war, von diesem gefangen genommen und in Ketten gelegt. Momberg
führte ihn persönlich mit seinem Schimmel ab, wobei er ihn aufs Pferd legte wie
einen Sack Reis, der zur Mühle zum Schälen gebracht wird. Diese Tat machte den
damals bereits siebzigjährigen Mombach berühmt und er wurde ab dann von den
Kolonisten General Mombach genannt.
Ursprünglich hatten sie die Absicht, den Teufelsbrut nach
Baumschneis und später nach (Pág. 170) São Leopoldo
zu bringen, wo er nach dem Gesetz vor ein Gericht gestellt werden sollte. Aber
einige Leute aus Sapiranga, die den Kopf des Antônio Joaquim da Silva, des
Teufelsbrut, wollten, waren nach Dois Irmãos gekommen und hatten mit Hilfe einiger
Anwohner der Umgebung den Mörder aus seinem Krankenbett gerissen, aus einem
Strick ein Lasso improvisiert, es ihm um den Hals geworfen und ihn auf die
andere Seite der heutigen São-Miguel- Strasse geschleift, dorthin, wo heute die
Hausnummer 2.107 ist. Dort wurde er gezwungen, sein eigenes Grab zu schaufeln.
Dann wurde er lebendig in das Loch gestossen und alle Anwesenden sorgten eigenhändig
für Gerechtigkeit, indem jeder eine Anzahl Steine in die Grube auf den Körper
des Mörders warf, bis dieser vollständig mit Steinen bedeckt war. So endete das
Leben eines der schlechtesten Menschen, denen sich die Deutschen gleich zu
Beginn ihrer Ansiedlung im neuen Land stellen mussten.Er war ein Unmensch, der
vor seinem Tod viel Unglück verursachte und ganze Familien der bedauernswerten deutschen
Einwanderer umbrachte, die ganz einfach nur arbeiten wollten und gemeinsam den
eigenen Fortschritt sowie den der neuen Heimat, die sie gewählt hatten,
suchten.
Einige dieser heldenhaften Männer oder ihreNachkommen
waren später als Siedler nach Santa Maria do Mundo Novo gekommen, wo sie in einem
weiteren blutigen Ereignis, der Föderalistischen Revolution von 1893-1895,
erneut Gemeinheiten ausgesetzt wurden. Aber das ist eine andere Geschichte.
Fachwerkhäuser -Um das Jahr 1828
sind hier die ersten Einwanderer angekommen. Sofort entwickelte sich da ein
Treffpunkt für die ganze Region. Man konnte hier über Arbeit und Geschäfte
reden. es war eigentlich ein Austauschzentrum . Dort haben sich , zu
verschiedenen Zeiträumen, kleine Brauereien, Sprudelfabriken,Schmieden,
Schreinereien, Stellmachereien, Gerbereien, Schlachtereien, Molkereien,
Schulen, Banken und Ballsäle installiert. Soziale Aktivitäten bestanden
hauptsächlich aus Kerb, Sportspielen, Bällen und Gemeindefesten. Durch die
ständigen Hochwasser vom Arrouio Feitoria zogen die Bewohner mehr in die
Gegend des heutigen Stadtsitzes. Doch sollte man die Stelle als Andenken
bewahren. |
Fachwerkhäuser in Ivoti,
wo sich die Bande des Menino Diabo (Teufelsjunge) befand |