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Die “Teufelsbrut

Die Beteiligung der Deutschen an den Ereignissen der Farroupilha-Revolution geschah, wie wir bereits gesehen haben, auf beiden Seiten der sich bekämpfenden Truppen. Dasselbe würde sich etwa 60 Jahre später, während der Föderalistischen Revolution wiederholen.

Und stets erlitten die deutschen Kolonisten dabei die grössten Gemeinheiten gegen sich und ihre Angehörigen. Nur ein Drittel der Deutschen, die an der Revolution teilnahmen, teilte die Farroupilha-Ideale,und auch diese oft ohne echte Überzeugung. Geplündert aber wurden sie von beiden Seiten der Kämpfenden, besonders aber von den “Farroupilhas”, den “Farrappen” (Lumpen) oder Revolutionären. In ihren Reihen kämpfte einer der fiesesten Menschen, der aus jener Zeit bekannt ist, der die Kriegssituation ausnutzte und in der Gegend von der Baumschneis (Dois Irmãos) und von der Berghanerschneis (Ivoti) ebenso grossen Schaden anrichtete, wie es später hier in Santa Maria do Mundo Novo die “Maragatos” (wie die Kaisertreuen beschimpft wurden) in der Zeit von 1893 bis 1895 (während der Föderalistischen Revolution) getan haben, als die blutrünstigen Maneco und Leoncio Leão, wie auch Antonio Corrêa, (Pág. 166) ähnliche Verbrechen begingen und ebenso endeten wie der, den wir jetzt beschreiben wollen.

Antônio Joaquim da Silva (der Hauptmann Teufelsbrut) war von geringer Körpergrösse, ganz im Gegensatz zu den Boshaftigkeiten, die er beging. Er besass ein grosses Boot, von dem aus er im September 1836 die kleine Stadt Rio Pardo plünderte und den ehrbaren Familien das Leben zur Hölle machte, wobei er die schrecklichsten Verbrechen beging, die die deutschen Einwanderer bis dahin je erlitten oder davon gehört hatten. Bald darauf aber wurde er 1836 in Fanfa verjagt. Aber im Jahr 1837 tauchte er wieder in der Gegend von Feitoria, der heutigen Kreisstadt São Leopoldo, auf und lechzte nach dem Blut unserer armen Vorfahren. Er beging Raubüberfälle, schmähte Familien, plünderte Wohnungen, stahl Pferde und sogar Haushaltsgegenstände und auch Wäsche und hatte es besonders auf die wollenen Ponchos abgesehen, obwohl die Kolonisten sie gut zu verstecken suchten, denn oft waren sie der einzige Schutz gegen die Kälte. In den kalten Winternächten von Rio Grande do Sul deckte sich die gesamte Familie damit zu. Auch nahmen sie alles mit, was aus Leder war, die Sättel und das Zaumzeug, und sogar die Sandalen und Schlappen.

Alles, was er konnte, liess er in Brand setzen und nannte sich selbst “Capitão Menino Diabo”(Hauptmann Teufelsbrut). Sein Lager, das kein festes Quartier hatte, hatte er “Hauptkaserne der Teufelslegion” getauft. Eines Tages sandte der gefürchtete “Menino Diabo” seine Männer von der Baumschneis (Dois Irmãos) nach Berghanerschneis (Ivoti). In der Truppe befand sich ein Adoptivsohn eines Farroupilha-Kolonisten, namens Laval, der, als er einen anderen Kolonisten sah, von dem er wusste, dass dieser zu den Kaisertreuen gehörte, diesen umbringen wollte. Die Kugel aber verfehlte ihr Ziel und Heinrich Morschel, der kaisertreue Kolonist, gab mit derselben Münze zurück und töt ete Lavals Jungen mit einem gezielten Schuss. Anschliessend begrub er ihn dort im Wald, ohne dass jemand davon etwas merkte.

 

Kaiserbrücke - Im Jahr 1855 wurde mit ihrem Bau, aus Stein, in Romanischem Stil, angefangen. Sie ist 88 m lang, 14 m hoch und 14,29 m breit. Ein hervorragender Bau für die damalige Zeit. Sie wurde so genannt, in Ehrung zu Dom Pedro II.Wirtschaftlich spielte sie eine wichtige Rolle, denn sie war die Verbindung zwischen der Kolonie und der Provinzhauptstadt. Durch ihren grossen geschichtlichen und kulturellen Wert, ist sie vom “SPHAN” (Behörde für Denkmalschutz) , am 13. Juni 1988 unter Denkmalschutz gestellt.

 

Wasserfall São Miguel in Dois Irmãos

 

 

Einige Tage darauf hatten sich die “Farrapos”, die der Hauptmann Teufelsbrut befehligte, am Ufer des Feitoria-Bachs, an der Stelle, die bis heute noch “Teufelsloch” heisst und damals noch keine Brücke hatte, gelagert, als die Kaisertreuen, die auch als “Caramurus” beschimpft wurden, ebenfalls dort eintrafen. Es sah so aus, als könnten beide Truppen problemlos die Furt durchqueren, denn Menino Diabo hatte den Kaisertreuen vorgeschlagen, sie sollten den Fluss durchqueren, womit sie in ihrer Unschuld einverstanden waren. Aber anders als sie, die in geringerer Zahl waren, es sich vorgestellt hatten, wurden sie von den “Farrappen” grausam angegriffen, während sie versuchten, das andere Ufer zu erreichen.. Nach kurzem Kampf forderten die Farrap-pen die Auslieferung des Morschel, der zugab, den Adoptivsohn von Laval umgebracht (Pág. 168) zu haben. Nach der Auslieferung wurde Morschel nackt mit nassen Lederstriemen an ein Gestänge gebunden. Die Striemen trockneten und zogen sich dabei immer mehr zusammen, wobei die Muskeln und Glieder seines Körpers immer mehr gespannt wurden. Zwei Tage lang musste Morschel diese Qual in praller Sonne erdulden. Zur den körperlichen Qualen kam noch die Schande hinzu, der er ausgesetzt war, ausser den Attacken von Insekten jeglicher Art, bis er schliesslich mit einer Kugel in die Stirn hingerichtet wurde. Vor dieser letzten Kugel hatte es mehrere Fehlschläge bei den Hinrichtungsversuchen gegeben, was bei den “Farrappen” das Gerede aufkommen liess, Morschel habe einen unsichtbaren Schutzpanzer, weshalb sie ihm ein Amulett abrissen, das er am Hals trug. Danach trafen sie ihn endlich, natürlich aus kleinerer Entfernung, als sie es vorher versucht hatten.

Nach Heinrich Morschels Tod nahmen die Gesellen von Hauptmann Menino Diabo Josef Hansen gefangen. Sie schleiften seinen Körper durch den Wald und begingen weitere Grausamkeiten mit ihm, bis sie ihm schliesslich an dem Ort, der Picada 48 Alta heisst, etwa 300 Meter unterhalb des Wasserfalls “São Miguel” in Dois Irmãos auf dem rechten Ufer des Feitoria-Bachs die Kehle durchschnitten und ihn dort begruben. Ein besonderer Fall war Friedrich Renner, der die meiste Zeit weit weg von zu Hause war, nur um nicht endeckt zu werden. Das Lager der “Farrappen” war im Teufelsloch, ganz nahe der Stelle, an der Renner sich versteckt hatte. Seine Frau brachte ihm einen Poncho und Lebensmittel, ohne allerdings zu merken, dass ihr die Leute von Menino Diabo gefolgt waren. Diese nahmen Renner gefangen und schleppten ihn an ein Pferd gefesselt an die Stelle, die bereits anlässlich des Todes von Josef Hansen beschrieben wurde. Dort wurde er einem ehemaligen Sträfling aus dem Gefängnis von Mecklenburg, namens Bolmann, überlassen, der ihn auf gemeine Weise umbrachte. Er schnitt ihm nicht gleich die Kehle durch, sondern stach ihn immer wieder mit einem langen Fleischermesser. Die mündliche Überlieferung weiss zu erzählen, dass die Blutflecken sich vom Messer nie mehr trotz vieler Versuche haben abwischen lassen. Natürlich waren nicht alle “Farrappen” von der mörderischen Art der Bande des Hauptmann Teufelsbrut, denn mündlich wird überliefert, dass der General Bento Gonçalves ein ehrbarer und korrekter Mensch gewesen sei und ausserdem ein kompetenter militärischer Stratege. Ein ähnlicher Fall ereignete sich mit dem Musterreiter Adam Knierin, der in Berghanerschneis (Ivoti ) wohnte. Er war ein allerseits geachteter Mann und wurde gefangen genommen unter der Anschuldigung, die Kaisertreuen unterstützt zu haben. Er wurde daraufhin am 26.06. oder am 10.07.1836 umgebracht, obwohl seine Frau Catharina Müller das Lösegeld gezahlt hatte. Sie wurde zusätzlich gezwungen, dem Mörder eine Schüssel mit reinem Wasser hinzustellen, damit dieser sich die blutbesudelten Hände waschen konnte. Der Mörder, er hiess Schreiner, war einer der letzten Kirchenplünderer aus Mecklenburg, die hier in der Kolonie der Provinz ihr Unwesen weiterhin getrieben hatten und besonders die Wertgegenstände aus den Raubüberfällen ein-schmolzen. Schreiner war Bauer in Estância Velha und Anführer einer Bande, die einen Schmelzofen besassen, dessen Überreste noch Ende des 19. Jahrhunderts auf seinem damaligen Eigentum zu sehen waren. Nach Knierings Ermordung wurde auch Schreiner verfolgt und in Cruz Alta umgebracht.

Aufgrund solcher Vorkommnisse beschlossen die Kolonisten, sich zu wehren und ihre Ehre zu verteidigen, sowie für die Sicherheit ihrer Familien und ihres Eigentums zu sorgen, Dafür wurde ein tapferer Mann mit militärischer Erfahrung gesucht. Sie wählten schliesslich den Kolonisten Johann Mombach, einen geschickten Strategen und tapferen Soldaten aus den napoleonischen Kriegen, der in der Walachei-Schneiss in der Baumschneis wohnte. Es dauerte nicht lange, da hatten sie Erfolg und entdeckten den Schlupfwinkel des grausamen Menino Diabo und seiner Bande in einem Schuppen in der Nähe von Alt-Hamburg, der “Rincão der Familie Krehs” genannt wurde oder einfach nur “Krehser Loch”. Nachdem sie ihn aufgestöbert hatten, liessen sie nicht mehr locker. Den Kolonisten schlossen sich einige kaisertreuen Soldaten an und ab dann wandelte sich in der Gegend das Bild der Revolution, denn die Bande des Menino Diabo wurde ausgelöscht und ihr Anführer wurde, nachdem er von Momberg ins Bein geschossen worden war, von diesem gefangen genommen und in Ketten gelegt. Momberg führte ihn persönlich mit seinem Schimmel ab, wobei er ihn aufs Pferd legte wie einen Sack Reis, der zur Mühle zum Schälen gebracht wird. Diese Tat machte den damals bereits siebzigjährigen Mombach berühmt und er wurde ab dann von den Kolonisten ‘General Mombach’ genannt.

Ursprünglich hatten sie die Absicht, den Teufelsbrut nach Baumschneis und später nach (Pág. 170) São Leopoldo zu bringen, wo er nach dem Gesetz vor ein Gericht gestellt werden sollte. Aber einige Leute aus Sapiranga, die den Kopf des Antônio Joaquim da Silva, des “Teufelsbrut”, wollten, waren nach Dois Irmãos gekommen und hatten mit Hilfe einiger Anwohner der Umgebung den Mörder aus seinem “Krankenbett” gerissen, aus einem Strick ein Lasso improvisiert, es ihm um den Hals geworfen und ihn auf die andere Seite der heutigen São-Miguel- Strasse geschleift, dorthin, wo heute die Hausnummer 2.107 ist. Dort wurde er gezwungen, sein eigenes Grab zu schaufeln. Dann wurde er lebendig in das Loch gestossen und alle Anwesenden sorgten eigenhändig für “Gerechtigkeit”, indem jeder eine Anzahl Steine in die Grube auf den Körper des Mörders warf, bis dieser vollständig mit Steinen bedeckt war. So endete das Leben eines der schlechtesten Menschen, denen sich die Deutschen gleich zu Beginn ihrer Ansiedlung im neuen Land stellen mussten.Er war ein Unmensch, der vor seinem Tod viel Unglück verursachte und ganze Familien der bedauernswerten deutschen Einwanderer umbrachte, die ganz einfach nur arbeiten wollten und gemeinsam den eigenen Fortschritt sowie den der neuen Heimat, die sie gewählt hatten, suchten.

Einige dieser heldenhaften Männer oder ihreNachkommen waren später als Siedler nach Santa Maria do Mundo Novo gekommen, wo sie in einem weiteren blutigen Ereignis, der Föderalistischen Revolution von 1893-1895, erneut Gemeinheiten ausgesetzt wurden. Aber das ist eine andere Geschichte.

 

Fachwerkhäuser -Um das Jahr 1828 sind hier die ersten Einwanderer angekommen. Sofort entwickelte sich da ein Treffpunkt für die ganze Region. Man konnte hier über Arbeit und Geschäfte reden. – es war eigentlich ein Austauschzentrum . Dort haben sich , zu verschiedenen Zeiträumen, kleine Brauereien, Sprudelfabriken,Schmieden, Schreinereien, Stellmachereien, Gerbereien, Schlachtereien, Molkereien, Schulen, Banken und Ballsäle installiert. Soziale Aktivitäten bestanden hauptsächlich aus Kerb, Sportspielen, Bällen und Gemeindefesten. Durch die ständigen Hochwasser vom “Arrouio Feitoria” zogen die Bewohner mehr in die Gegend des heutigen Stadtsitzes. Doch sollte man die Stelle als Andenken bewahren.

 

Fachwerkhäuser in Ivoti, wo sich die Bande des “Menino Diabo” (Teufelsjunge) befand